Die unsichtbare Magie der Musik

Die Ape soll Musik bekommen. Eigentlich geht es mir nicht einmal so sehr um Musik, sondern eher darum, das Handy als Navigation benutzen zu können und die Sprachanweisungen deutlich verstehen zu können. Ich hätte ja nicht geglaubt, dass so wenig Vortriebsleistung so laut knattern kann…

Die Anforderungen an eine Wiedergabelösung waren daher:

  • Laut genug sein, dass man auch bei laufenem Motor unter Last etwas verstehen kann.
  • Es sollte nicht teuer sein. Alles zusammen möglichst unter 100 Euro
  • Es sollen die Lautsprechergitter im Armaturenbrett benutzt werden
  • Man soll möglichst nichts davon sehen, denn die Ape Calessino 200 ist ein offenes Fahrzeug. Zwar hat sie einen Einbaurahmen in DIN-Größe für ein Radio. Aber ist da ein Radio, ist da auch schnell kein Radio mehr, wenn man die Ape in der Stadt abstellt – denn man kann im vorbeigehen direkt zugreifen.
  • Es muss eine Bluetooth-Verbindung bestehen, um das Mobiltelefon anzubinden.

Letztlich habe ich mich dafür entschlossen, einfach eine Leiterplatte mit fertig aufgebauter Class-D-Verstärkerstufe und Bluetooth-Empfänger zu kaufen. Die chinesischen Kollegen verkaufen sowas fertig aufgebaut und günstig! Mein Modul kam von Amazon und hat keine 20 Euro gekostet!

Und so habe ich das ganze gebaut:

Schritt 1: Einkaufen

Folgende Dinge habe ich über Amazon eingekauft:

Und noch ein paar Dinge bei Reichelt bestellt:

Original von Piaggio ist:

Dazu kam noch etwas Kleinkram, den ich irgendwo zu Hause herumfliegen hatte: Alte KFZ-Kabel aus dem alten Ausschlacht-Clio, Schrumpfschlauch, Klebeband, Brennspiritus und weißer Sprühlack.

Schritt 2: Armaturenbrett ausbauen

Dieser Teil dauert länger zu schreiben, als er durchzuführen war. Ist ja bei der Ape sehr übersichtlich, die Verkleidung.

Schritt 2.1: Die Bordspannungs-Steckdose (auch fälschlicherweise „Zigarettenanzünder“ genannt) nach vorn heraushebeln und hinten dran den Stecker entriegeln und abziehen

Schritt 2.2: Das gleiche machen wir mit allen anderen Schaltern. In dieser Ape sind das der für die Warnblinkanlage und für den Scheibenwischer. Die kann man einfach nach vorn raus hebeln. Im Prinzip. Bei unserer Ape sitzen sie so locker, dass bei einem Überschlag sie von allein herausfallen würden.

Schritt 2.3: Eine Schraube des Armaturenbretts liegt im Handschuhfach! Fieser Trick. Gibt es in Italien echt Leute, die Armaturenbretter für Apen klauen? Blöde Frage – ist der Papst katholisch? Die restlichen Schrauben sind einfach und direkt von vorn zu betrachten, wenn man mal eben den schwarzen Dekorations-Vorhang abnimmt.

Schritt 2.4: Jetzt kann man an den Enden schon mal das Armaturenbrett nach vor ziehen und dahinter schauen. Und man sieht schon mal die Halterungen für Lautsprecher! Genau da will ich dran. Das Armaturenbrett hebt man dann nach oben an und zieht es ein Stück zu sich ran.

Schritt 2.5: Wenn man die Oberseite vorsichtig ein Stück nach unten dreht, kommt man gerade so mit der Hand hinter das Kombi-Instrument (das Ding mit dem „Tacho“). Da muss man hinten eine Rändelschraube von der Tachowelle lösen und die dann abziehen. Dann noch den Stecker vom Kombi-Insturment ausrasten und man kann das ganze Ding raus heben!

Schritt 2.6: So sieht es ohne Armaturenbrett aus. Im Prinzip könnte man so auch fahren, wenn kein Regen kommt und man die Geschwidigkeit in 30-km/h-Zonen im Gefühl hat.

Schritt 3: Lautsprecher einbauen

Der nächste Schritt ist eigentlich ganz einfach und vor allem kann man ihn gemütlich im warmen Kämmerleich machen. Das Armaturenbrett habe ich dazu unter den Arm geklemmt und ins Wohzimmer geschleppt. Ne, schwer ist es ja gar nicht.

Schritt 3.1: Von hinten sieht man, dass jedes Lautsprechergitter genau vier Befestigungspunkte besitzt. Diese sind perfekt für Lautsprecher der 10-cm-Klasse geeignet! Ich habe einen Breitbänder von Visaton mit Hochton-Kegel gewählt.

Der Trick ist jetzt, in der heimischen Sammlung die passenden Schrauben zu finden: Zu lang, dann kommt die Spitze vorn raus oder der Lautsprecher wackelt. Zu kurz, da wackelt sich der Lautsprecher irgendwann ab. Zu dick, dann reißen die Befestigungen auf. Zu dünn, dann fällt der Lautsprecher auch irgendwann ab.

Doch jetzt schrauben wir nicht einfach den Lautsprecher fest, denn dann hätte er einen perfekten, akustischen Kurzschluss. Ergebnis wäre: Gar kein Tiefton-Anteil. Die Luft hat bei tiefen Tönen einfach genug Zeit, um den Lautsprecher herum auf die andere Seite zu strömen.

Um das ein wenig zu verbessern, habe ich mir zwei Schutzdome aus Schaum bestellt. Die Idee dahinter: Ich möchte ein fast luftdichtes, kleines Volumen schaffen, gegen dass der Lautsprecher arbeiten kann. Eine Basswiedergabe ist bei dem kleinen Volumen nicht zu erwarten und die Grenzfrequenz liegt ziemlich hoch – aber besser als der „Kurzschluss“ ist es allemal.

Schritt 3.2: Weil man den Schaumkorb vorn nicht dicht bekommt, habe ich Zwischenringe für 10-cm-Lautsprechcer aus Kunststoff besorgt. Die gibt es auch in Holz – aber Plastik schimmelt nicht!

Schritt 3.3: Die Kabel werden an den Lautsprecher-Kontakten angelötet. Dick müssen die Kabel nicht sein bei der angebotenen Leistung – 0,5 mm² sind vollkommen ausreichend! Litzenkabel ist zu verwenden. Im Idealfall für Automobiltechnik freigegebene Leitung – dir brennt nicht so schnell. Ich habe alte Leitungen aus dem Motor-Kabelbaum des Ausschlacht-Clios genommen. Beim Anschluss auf die Polung achten. Was wo angeschlossen wird ist egal – es muss nur auf beiden Seiten gleich sein. Sonst sind die beiden Seiten hinterher nicht „in Phase“.

Schritt 3.4: Der Schaumrand wird zwischen Lautsprecher-Flansch und Plastikring eingeklemmt und hält so einigermaßen dicht. Der Rest außen drum herum einfach mit der Schere oder einem scharfen Messer abschneiden.

Schritt 3.5: Die Gesamte Baugruppe wird von hinten in das Armaturenbrett aufgesetzt und mit den angespritzten Sacklöchern ausgerichtet.

Schritt 3.6: Die Schrauben durch den Plastikring und den Schaum hindurch stecken und mit Gefühl festziehen. Sonst drehen sich in den Sacklöchern die Gewinde schnell heraus und nichts hält mehr! Nein, nicht so stark – noch weniger! Wer kein Gefühl in der Hand hat nimmt einen kleinen Drehmoment-Schlüssel: 5 nm sind genug!

Das ganze machen wir jetzt auf der anderen Seite genau so – ist ja klar!

Schritt 4: Leiterplatte ins Gehäuse einbauen

Jetzt geht es an die Verstärkerkiste, wo die Leiterplatte rein soll.

Schritt 4.1: Als erstes bohre ich ein Loch, wo später die Kabeldurchführung hin soll. Ich benutze ein Verschraubung, die gleichzeitig die Zugentlastung sicher stellt und das ganze etwas abdichtet.

Schritt 4.2 Die Leiterplatte passt so noch nicht ganz in der Breite. Die Rippen auf der Innenseite des Gehäuses müssen ab. Mit der „großen“ Trennscheibe vom Dremel bekomme ich die ganz gut ab.

Schritt 4.3:Was jetzt noch nicht passt sind die Ecken.

Schritt 4.4: Glücklicherweise sind in den Ecken keine Leiterbahnen, so dass man die Ecken mit der Puk-Säge, der Feile oder der Trennscheibe ausschneiden kann.

Schritt 4.5: Dann passt die Leiterplatte rein. Na ja, zumindest fast: Der Kopfhörer-Anschluss steht noch über. Den brauchen wir sowieso nicht, der wird schnell ausgelötet. Wo wir den Lötkolben gerade zur Hand haben, werden die Kabelenden durch die Kabel-Durchführung gesteckt und auf der Leiterplatte festgelötet. Man kann nicht viel verkehrt machen, es sind nur sechs Kontakte: Spannung und Masse zur Versorgung und dann je zwei Adernpaare für jeden Lautsprecher. Wieder auf die Polung achten! Schön übersichtlich.

Schritt 4.6: Jetzt habe ich das ganze eben am Netzteil getestet, bevor es vergossen wird. Warum vergießen? Ich habe mich aus drei Gründen dafür entschieden:

  1. Zum einen befestigt die Vergussmasse die Leiterplatte gegen klappern und dämpft Vibrationen, die vielleicht für die recht schweren Ferritspulen kritisch sein könnten.
  2. Zum anderen Schützt es die Schaltung gegen eventuell auftretende Betauung.
  3. Sie schützt die Lötungen gegen Kurzschlüsse

Aber jetzt bitte nicht alles voll kippen: Ich habe sorgsam darauf geachtet, dass das Verstärker-IC, die Ferrit-Spulen und die Bluetooth-Antenne nicht mit vergossen werden. Bei den ersten beiden ist das einfach – die Bluetooth-Antenne habe ich mit mit einem Pappstreifen abgedeckt. Bitte kein Tesafilm nehmen! Beim abziehen bilden sich hohe Spannungen die das IC leicht beschädigen könnten (Elektrostatische Entladung – jeder kennt es beim Ausziehen eines Fleece-Pulli). So wird das IC und die Spulen hoffentlich noch etwas Wärme los und die weiße Quackelmasse würde nur unnötig die Bluetooth-Antenne verstimmen.

So dann noch die Kiste zuschrauben, und dann ist die soweit fertig.

Schritt 5: Schalter markieren

Irgendwie müssen wir den Ton ja an und aus bekommen. Dafür habe ich mich für einen Scheibenwischerschalter entschieden. Einen passenden Ein/Aus-Schalter konnte ich nicht finden, der Scheibenwischerschalter hat jetzt zusätzlich hinter der „An“-Stellung noch eine Tastfunktion, welche nornalerweise für die Scheibenwaschpumpe gedacht ist. Aber egal – ich nutze sie einfach nicht.

Das Scheibenwischer-Symbol muss erst mal runter. Dazu habe ich einen Lappen mit Azeton getränkt und das originale Symbol abgerubbelt. Sofort danach habe ich mit Brennspiritus die Azeton-Reste abgespült und die Oberfläche entfettet.

Jetzt kommt der fummelige Teil: Aus Tesafilm maskiere ich ein einfaches Lautsprecher-Symbol auf der Oberfläche. Alles muss gerade sein und mittig. Als Anschauungsobjekt habe ich mir das Original-Teil daneben gelegt. so sieht man gut, wo genau die Bedruckung sitzen muss,

Den Schalter habe ich auch seitlich abgeklebt, damit kein Sprühnebel an die Kontakte kommen kann.

Dann gibt es eine kurze Dusche mit Kunststoff-Haftvermittler. Nach kurzer Trockenzeit (bei mir etwa 10 min) dann eine Schicht weißen Lack.

Nach dem Trocknen kommt die Folie ab und ein Lautsprechersymbol bleibt übrig!

Bild 5: Der Schalter ist mit Tesafilm maskiert, schon grundiert und lackiert. Jetzt muss er trocknen.

Schritt 6: Verkabelung

Schritt 6.1: Die Verstärkerbox braucht nicht viel Strom. Schauen wir uns das mal genauer an: Auf der Leiterplatte sieht man, dass ein TPA318 von Texas Instruments als Class-D-IC verbaut ist. Schaut man ins Datenblatt, findet man in Abbildung 13 den Zusammenhang zwischen Eingangsspannung und Ausgangsleistung für 8-Ohm-Lautsprecher. Nehmen wir für laufenden Motor mit voller Batterie ca. 14,4, V an, so liest man dort ziemlich genau 15 W ab. Das ist bei 10 % Verzerrung und damit schon ziemlich der schlimmste anzunehmende Fall. Ab da klingt es schon auffällig grausam. Das gilt pro Kanal, also dann 30 W. Abbildung 15 sagt uns, dass wir bei 15 W/Kanal und 12 V schon bei ca. 93% Effizienz liegen – Tendenz fallend mit steigender Spannung. Wir schätzen also ca. 90 % Wirkungsgrad. Eine Strommessung am geregelten Netzteil ohne Eingangssignal ergab an meinem Expemplar um die 200 mA Ruhestrom. Unser maximal zu erwartender Strom liegt also grob überschlagen bei:


I_max = ((30 W / 0,9) / 14,4 V )+ 0,2 A = 2,51 A.

Ich habe in die Zuleitung daher eine Sicherung von 2 A eingesetzt, denn die 30 W Leistung werde ich wohl nie benötigen. Eine Sicherung mit 5 A geht wohl auch, wenn die Kabel nicht zu dünn sind.

Die Bordspannungssteckdose ist mit 10 A abgesichert, da bleibt noch genug Raum für ein Ladegerät für das Handy.

Schritt 6.2: Der Kabelbaum, den ich in die Ape einbringe, endet an einer Seite in einem DIN-Stecker. Ich habe alle 6 Leitungen auf einen Stecker gelegt, aber wer es mag und vernarrt in Dokumente ist, der kann auch zwei Stecker nehmen und sie so belegen, wie die ISO 10487 das vorgesehen hat. Das hat dann den Vorteil, dass man ganz leicht auch mal auf ein „normales“ Autoradio umrüsten kann. Dabei bleiben dann allerdings ein paar Leitungen unbelegt: Pin 5-8 des Lautsprechersteckers, weil wir keine hinteren Lautsprecher haben. Pin 1 des Radiosteckers bleibt frei, weil die Ape kein Geschwindigkeitssignal zur Lautstärkeanpassung hat. Pin2 für die automatisch ausfahrende Antenne haben die meisten wohl auch nicht (obwohl denkbar).

Bei meiner Ape habe ich mich für einen Schalter an Klemme 30 entschieden, daher geschaltetes Dauerplus. So kann man auch bei abgeschalteter Zündung gemütlich Musik hören. Man darf dann nur nicht vergessen, den Schalter auch wieder abzuschalten. Sonst zieht einem der Ruhestrom der Leiterplatte die Batterie leer. Die Leiterplatte funktioniert herunter bis 8 V. Damit springt die Ape wohl nicht mehr an. Also: Obacht!

Schritt 6.3: Den Original-Stecker vom umgestalteten Scheibenwischer-Schalter habe ich abgekniffen und einen anderen 3-poligen Stecker daran montiert. Der Grund ist simpel: Für den originalen Stecker fehlte mir das Gegenstück. Und fest anlöten macht hier keinen Sinn, denn vielleicht wollen wir ja später auch noch mal das Armaturenbrett abnehmen. Und dann muss man am besten genau hier den Kabelbaum auftrennen können!

Schritt 6.4: Lange habe ich überlegt, wo ich die Verstärkerbox am besten anbringe. Zunächst hatte ich überlegt, sie von unten an das Armaturenbrett zu kleben. Aber ob das dauerhaft hält? Dann hätte ich den Stecker an die Stromversorgung machen müssen. Es ist schwer, eine geeignete Stelle unter dem Armaturenbrett zu finden.

Ich habe mich entschieden, die Verstärkerkiste mit dem Flansch einfach von oben auf das Metallträgerblech des Armaturenbretts zu schrauben. Ein passendes Loch habe ich dort schon gefunden. Die Restlichen drei Löcher habe ich gebohrt. Das kostet etwas Überwindung. Aber an dieser Stelle ist es unkritisch. Trotzdem: Die Löcher ordentlich entgraten und dann lackieren, damit es hier nicht rostet. Farbe: Egal. Sieht man später nicht. Hauptsache, es rostet nicht!

Schritt 6.5: Eigentlich wollte ich mir die Spannung im Sicherungskasten abholen. Es war aber kein Platz mehr darin frei für eine weitere Sicherung. Also habe ich mir die Spannungsversorgung mit einem „Stromdieb“ an der Zuleitung der Bordspannungssteckdose „geklaut“.

Schritt 6.6: Das Massekabel versehe ich mit einer angekrimpten oder angelöteten Ringöse. Damit schraubt man ihn an einem Massepunkt fest. Ich habe einfach die Schraube am Blinker-Relais genommen.

Schritt 7: Armaturenbrett wieder einbauen

Da habe ich jetzt keine Bilder von gemacht. Ist halt wie Schritt 2 in anderer Reihenfolge. Nur bitte die eine Schraube im Handschuhfach nicht vergessen.

Dann ist es vollbracht: Den Schalter mit dem Lautsprecher-Symbol umlegen. Eine Tonfolge erklingt. Sodann kann man mit dem Handy nach dem neuen Bluetooth-Gerät suchen.

Die Lautstärke kann man direkt am Handy einstellen!

Jetzt entspannt zurücklehnen und die passende Musik zur Belohnung aussuchen. Das darf jeder, wie er mag. Mein Empfehlung für die Ape – wie wäre es mit: „Cose de la Vita“ von Eros Ramazzotti im Duett mit Tina Turner. Das Lied, in dessen Video er im atemberaubend schönen Citroën DS eine atemberaubend schöne, italienische Küstenstraße entlang fährt?