Es ist soweit: Der nächste volle Tausender für die Calessino liegt an. Auf dem Rückweg vom Baumarkt dreht sich die Walzenrolle langsam auf die 6 mit den vier Nullen.
Wieder eine Landmarke erreicht. Und dabei sehr unspektakulär. Was ist eigentlich in den letzten tausend Kilometern so passiert? Seit dem Ölwechsel eigentlich nichts mehr. Und das meine ich positiv: Sie ist immer angesprungen, es ist nichts kaputt gegangen und ich habe keinen Rost entdeckt den ich nicht schon kannte.
Man könnte sagen, die Ape wird in gewisser Weise langweilig. Aber das ist auch eine tolle Sache, wenn man sie im Alltag benutzten will und sonst noch fünf Fahrzeuge in seiner Obhut hat, die alle nicht jünger als 12 Jahre sind.
Der Plan ist, dieses Jahr noch mindestens die 7000 km zu erreichen. Das nächste Öl gibt es bei 10.000 km und sonst steht dieses Jahr nur wieder die Hauptuntersuchung an. Da freue ich mich schon drauf, das wird wieder lustig!
Jetzt ist es bald soweit und die Ape muss zum ersten Mal zum TÜV. Das muss sie ja wirklich schon nach zwei Jahren, denn die 3-Jahres-Regel gilt nur für Autos, nicht für Krafträder.
Kein Problem, was soll schon sein? Nun, es könnte sein, dass dem TÜV die Ausrichtung der Scheinwerfer nicht gefällt. Die Ape schielt nämlich ziemlich! Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass sie dass schon seit zwei Jahren tut, denn mit dem zu hohen Lichtkegel auf der linken Seite wurde sie schon ausgeliefert. Offensichtlich haben sich weder Piaggio-Werk noch der Händler dafür verantwortlich gefühlt vor der Auslieferung mal das Licht richtig einzustellen. (So einiges Anderes auch nicht, Anm. d. Autors).
Gestört hat es bisher nicht – weder mich noch meine Mitverkehrsteilnehmer. Mich nicht, denn es braucht nicht viel Licht, wenn man mit der Ape durch die Gegend schleicht. Der Gegenverkehr hat von den lichtschwachen Funzeln keine ernsthafte Blendung zu erwarten. Er sieht sich hier mit der Lichttechnik der 60er-Jahre als Gegner konfrontiert. „Bilux“-Lampen gibt es heute sonst wohl nur noch in Oldtimern.
Die Frage ist jetzt: Wie stellt man zu Hause eigentlich am besten seine Scheinwerfer ein?
Nun habe ich aber keine passende Wand mit 10 m ebener Fläche davor und auch keine Lust viele Striche auf irgendeine Wand zu malen. Das könnte zu Ärger führen, wenn einem die Wand nicht gehört…
Meine erste Idee war daher: Die Wand weg lassen!
Schaut man sich die Formel von der Hella an, dann zielt die Einstellung auf einen Winkel, der die horizontale Lichtkante 30 m vor dem Fahrzeug projiziert: 10m Abstand zur Wand mit einer Lichtkante von einem Drittel der Leuchtmittelhöhe über Grund. Das ergibt dann 30 m auf ebenem Straßenboden, wenn man von Beugung des Lichts durch Verzerrung der Raumzeit mal absieht. Aber seien wir ehrlich: Unsere Ape ist dafür weder schnell, noch schwer genug.
Genau das habe ich dann gemacht: Die Ape und in 30 m Entfernung meinen Verkehrsleitkegel auf die Straße gestellt. Ich kürze das hier ab: Wie so oft war die erste Idee erst mal blöd! Denn in 30 m Entfernung ist das Licht der Ape nur noch schwach und die Bilux-Lampe mit der großen Wendel lässt durch die Pressglas-Streuscheiben im flachen Winkel zum Boden keine Hell-Dunkel-Grenze erkennen.
So also nicht. Statt dessen habe ich am nächsten Morgen mir eine große Pappe genommen und dort meine Linien aufgemalt.
Hier also die Anleitung in 18 einfachen Schritten, wie man seine Scheinwerfer einstellt (und genauso kann man es im Prinzip auch für andere Fahrzeuge machen):
Schritt 1: Als erstes nehme ich mir einen PH2-Schraubendreher (auch genannt: „Kreuzschlitz“), löse an der Seite die Schraube der Scheinwerferverkleidung neben dem Blinker, nehme die Verkleidungen ab und lege sie mir in die Garage. Dann verliere ich sie nämlich nicht unterwegs.
Schritt 2: Ein großes Stück Pappe nehmen, dass mindestens 1,20 m breit und 1 m hoch ist.
Schritt 3: Mit dem Zollstock die Höhe vom Boden bis zum Mittelpunkt der Scheinwerfer messen. Bei meiner Calessino waren das ca. H = 84 cm. Ich zeichne dann einen Strich parallel zu langen Seite bei D = H – e = 84 cm * 2 / 3 = 56 cm ein.
Schritt 4: Ich markiere mir die Mitte der Pappe (Punkt „A“) auf der Linie mit einem senkrechten Strich.
Schritt 5: Ich messe den Abstand der Mittelpunkte der beiden Scheinwerfer der Ape. Bei meiner Calessino waren das genau eine „Strecke BC“ = 80 cm
Schritt 6: Ich zeichne je ein kleines Kreuz bei Punkt „B“ und Punkt „C“ mit 80 cm / 2 = 40 cm links und rechts vom senkrechten Strich bei Punkt A. Genau dort hin müssen die beiden Lichtstrahlen nachher ausgerichtet werden.
Schritt 7: Ich warte, bis es draußen halbwegs dunkel geworden ist. Dum-di-di-dum. Boah, geht das langsam…
Schritt 8: Ich suche mir ein Stück gerade Straße aus, wo ich mindestens 20 m Platz habe, niemand parkt und ich niemanden störe, wenn ich dort parke und ein paar Minuten mit Licht herumleuchte. Praktischerweise habe ich so ein Stück Straße direkt vor der Haustür!
Schritt 9: Ich stelle die Ape parallel zum Bordstein ab. Wirklich so parallel, wie es nur geht.
Schritt 10: Ich messe den Abstand vom Fahrzeug bis zur Fahrzeugmitte. Das geht bei der Ape echt prima, denn da hat die ja ein Rad!
Schritt 11: Ich stelle etwas auf der Straße auf, an das ich die Pappe anlehnen kann und stelle das genau 10 m von der Fahrzeugfront nach vorn. Dafür benutze ich meinen tollen, blauen BOSCH-Laser-Entfernungsmesser. Aber das auch nur, weil ich den so toll finde und sonst so selten eine Möglichkeit finde, ihn einzusetzen. Ein Seil oder ein Maßband täten es natürlich auch auch, oder auch nur das Zählen der Schritte oder Kantsteine.
Schritt 12: Die Pappe sollte jetzt so stehen, dass der senkrechte Strich von Punkt A genau den gleichen Abstand vom Kantstein oder Straßenrand hat wie das Rad in der Mitte der Ape. Also er genau in der Verlängerung der Fahrzeug-Längs-Mittel-Achse liegt. Bei einem Auto nimmt man halt die Mitte des Emblems.
Schritt 13: Motor an, dann ist Licht an – denn Licht ist ja immer an bei der Ape! Wer weiß, dass er schnell mit einstellen ist, es seiner Batterie gut geht, der Weg nach Hause ausschließlich bergab geht oder ansonsten bequem geschoben werden kann, der – ja, aber auch nur der – kann auch den Motor aus lassen und es mit „Zündung an“ gut sein lassen.
Schritt 14: Auch wenn es anders aussieht, weil die Schrauben diagonal am Rahmen sitzen: Eine ist für hoch und runter, die andere für links und rechts!
Schritt 15: Ich hänge einen Lappen vor den rechten Scheinwerfer, damit ich nur das Licht des linken Scheinwerfers sehe. Jetzt drehe ich so lange an den beiden Schrauben herum, bis der „Knick“ in der Lichtverteilung (also da, wo der Lichtstrahl nach oben bzw. vorn rechts abzweigt) sich genau an der Stelle des linken Kreuzchens auf der Pappe befindet (Punkt „B“). Dann müsste links vom Kreuzchen die Lichtkante genau auf der horizontalen Linie liegen und die Lichtkante rechts davon dann nach oben rechts ansteigen. Dabei setzte ich mich immer wieder in die Ape, denn es soll ja genau dann dorthin zeigen, wenn ich damit fahre. Das macht man bei Krafträdern so, falls der TÜV-Mann meckern sollte. Die APE ist ja schließlich ein Kraftrad! Und ja, meine Ape senkt sich vorn ein gutes Stück, wenn ich einsteige. Ich möchte nicht weiter darüber reden…
Schritt 16: Jetzt hänge ich den Lappen über den linken Scheinwerfer und spiele das Einstell-Spiel mit dem rechten Scheinwerfer. Natürlich muss der jetzt den rechten Punkt „C“ treffen.
Schritt 17: Sollte das geklappt haben, dann fahren wir zurück nach Hause in die Garage und sind glücklich. Aber halt: Die Pappe nicht vergessen, sondern brav wieder mitnehmen. Und wer sich wundert, warum es unterwegs noch dunkler auf der Straße ist: Dann hängt noch ein Lappen vor einem Scheinwerfer…
Schritt 18: So, jetzt zu Hause noch die Scheinwerferabdeckungen wieder anschrauben, damit man nicht die Roststellen sieht, wo die Karosserieklammern von Piaggio den Lack verletzt haben.
Giovanni Trapattoni gratuliert: „Wir haben fertig„! Ich habe gleich noch mal eine kleine Probefahrt durch die Felder gemacht um mein Werk zu feiern. Schaut gleichmäßiger aus – aber nicht heller. Dann schauen wir mal, was der TÜV dazu sagt. Und wehe ihm, er sagt etwas Negatives. Ich habe mir so viel Mühe gegeben.
Ja, nun hat sie bei uns schon 1000 km gelebt, unsere Ape. Beim nächstgelegenen Piaggio-Händler steht sie mit 1040 km auf dem Hof zur ersten planmäßigen Wartung. Diese ist aus zwei Kategorien von Gründen wichtig:
Aus technischer Sicht können so Frühausfälle erkannt werden – Herr Weibull lässt grüßen – und möglicherweise stille Rückrufe nach Auslieferung erledigt werden. Dabei traue ich Piaggio letzteres eher nicht zu, mit ersterem haben wir bereits die begrenzte Freude gehabt.
Vor allem aber bekommt der Motor einmal neues Öl und aller Abrieb der Einlaufphase, der im Öl gebunden ist, kommt raus.
Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Erstinspektion wichtig um die Fahrzeuggarantie von 2 Jahren aufrecht zu erhalten.
Aus diesem Grund steht die Ape ja nun auch bei einer Fachwerkstatt auf dem Hof. Die weiteren Inspektionen alle 5000 km beabsichtige dann selbst zu erledigen. Ist ja nicht sonderlich kompliziert, so eine Ape.
Was war denn nun auffällig oder kaputt in den ersten 1000 km? Hm – eigentlich nichts! Jedes mal ist sie angesprungen, wenn sie sollte. Manchmal bei Kälte ein wenig zögerlich. Aber immer erfolgreich.
Die wenige Ausrüstung funktionierte ohne weitere Probleme.
Die Qualitätsmerkmale wie Spaltmaße, Lackqualität, Torsionsstabilität und Geräusche sind bei unserer Ape nicht besonders auffällig. Also unter Ihresgleichen – nicht vergleichbar mit „normalen“ Autos. Als Besonderheit wurde unsere Ape mit einer rostenden Ecke des Frontscheibenrahmens, einem nach oben schielenden linken Scheinwerfer und einem bis über das Dichtungsgummi der Frontscheibe fahrenden Scheibenwischer ausgeliefert. Dazu hängt eine der hinteren Türen schief und schließt nur, wenn sie dabei blauen Decklack abreiben darf.
Nach einem Tag Aufenthalt beim Wartungsservice bin ich um 249,55 € ärmer. Die Ape hat neues Öl, einen neuen Filter und alles wurde einmal nach Liste durchgeschaut. Die Garantie ist verlängert und der Motor einmal an die Diagnose angeschlossen.
Diese gab übrigens einen Fehlercode aus: P1651. Das sagt mir erst mal nichts. „Low Voltage MIL, GND Kurzschluss, Leerlauf MEM“ sagt mir allerdings auch nicht viel mehr. Ist die Motorleuchte wegen geringer Batteriespannung angegangen? Ein Kurzschuss gegen Masse? Aber von was? Einen Leerlauf kann man ja wohl kaum kurzschließen? Den Leerlaufregler vielleicht? Aber hat der Motor so etwas überhaupt?. Ich habe jetzt noch mehr Fragen als vorher. Die führende Eins gibt an, dass es ein Piaggio-eigener Code ist, also hilft auch kein Wissen aus einem OBD-2-Standard.
Was ich jetzt damit machen werde? Die Werkstatt hat den Fehler gelöscht. Da die Ape keine Uhr hat, weiß sie auch das Datum nicht und niemand weiß, wann der Fehler aufgetreten ist. Vielleicht war das ja auch schon in der Fertigung, als irgendein Stecker noch nicht gesteckt war? Man weiß es nicht. Ich werde einfach irgendwann mal mit meinem Diagnoseadapter wieder hinein hören und schauen, ob er noch mal wieder auftaucht. Mehr erst einmal aber auch nicht.
Im Prinzip ist unsere Ape jetzt bereit für die nächsten 4000 km und immer noch ganz die Alte: Neben der Windschutzscheibe rostet es noch, der Scheinwerfer leuchtet den Himmel an und der Scheibenwerfer hängt schief nach unten.
Inzwischen haben unser neues Fahrzeug und ich uns schon viel besser kennen gelernt. Nicht beim Fahren, sondern wie bei einem Smalltalk im stehen. Nun ja, Smalltalk mit Petting vielleicht:
Ich habe auch ohne Hand- oder Werkstattbuch den Öldruckschalter finden können – er ist gleich neben dem gut auffindbaren Ölfilter! Dann habe ich das Kabel dort kontrolliert wegen der Vermutung, es könnte vielleicht „abgewackelt“ sein auf den ersten Kilometern, wenn es nicht richtig gesteckt ist. Das wäre ein einfach selbst zu behebender Fehler gewesen und meine letzte Rettung, die Ape hier zu behalten.
Dem war aber nicht so. Bei abgezogenem Stecker wäre die Öldrucklampe auch aus geblieben: Der Schalter öffnet wohl bei vorhandenem Öldruck:
1) Stecker vom Öldruckschalter an den Motorblock gehalten (Fahrzeugmasse): die Öldrucklampe in Cockpit geht an. 2) Stecker vom Öldruckschalter abgezogen frei im Raum: Die Öldrucklampe bleibt aus.
Das heißt für mich mich: Die Öldrucklampe, Kabel und Steckverbindung sind okay. Es ist also entweder wirklich kein Öldruck da oder der Öldruckschalter ist ein Frühausfall.
Mit Beidem komme ich nicht weiter und bin auch gar nicht willens da jetzt weiter zu suchen, immerhin ist das Vehikel ja noch neu. Ich werde den Kundendienst anrufen.