Töff!

Es ist soweit, nach 2 Jahren schon muss die Ape jetzt zu ihrer ersten Haupt- und Abgasuntersuchung. Ja, ich wollte es damals nicht wahr haben und habe bei der Zulassungsstelle angerufen, aber es stimmt: Da die Ape der Zulassung nach ein „Kraftrad“ ist, hat sie Ihren ersten TÜV zwei Jahre nach Erstzulassung – und nicht wie ein Auto erst nach 3 Jahren.

Ich war ja gespannt, was mich erwartet. Schließlich kann man mit der Ape nicht auf die Grube fahren und auf der Hebebühne findet man auch nicht recht einen Punkt um sie anzuheben!

Extra hatte ich vorher noch die Scheinwerfer eingestellt. Sonst fiel mir auch nichts ein, was der TÜV bemängeln könnte.

Es war ein schöner Tag: Sonnig mit einem blauen Himmel. Da macht es doppelt Spaß, das Heimbüro zu verlassen um mit der Ape zum TÜV zu fahren. Also eher ersteres – der TÜV müsste es nicht unbedingt sein.

Ein wunderschöner Tag um offen zu fahren. Wir warten auf den Prüfer vor dem romantischen Hintergrund der örtlichen Müllverbrennungsanlage…

Wie läuft denn nun so eine Hauptuntersuchung für ein Dreirad ab? Das ist eine gute Frage, denn genau diese schien sich der zugeteilte Prüfingenieur ebenfalls zu stellen: „Fahren sie doch mal hinten vor das Tor drei„. Er hatte Zeit gewonnen.

Angefangen haben wir dann mit der Beleuchtung: Standlicht, Blinker, Fahrlicht, Fernlicht, Rücklicht, Rückfahrscheinwerfer, Bremslicht. Fertig. Mehr gibt es nicht. Oder? Doch: Warnblinkanlage. Hat der Prüfer nicht dran gedacht, ist aber inzwischen Vorschrift. Oder genauer: Es ergibt sich aus der Ausnahme von der Ausnahme einer Vorschrift. Klingt bescheuert? Ist es auch:

„Fahrzeuge (ausgenommen Kraftfahrzeuge nach § 30a Absatz 3 mit Ausnahme von dreirädrigen Kraftfahrzeugen), die mit Fahrtrichtungsanzeigern ausgerüstet sein müssen, müssen zusätzlich eine Warnblinkanlage haben. […]“

Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vom 26. April 2012, § 53a, Abschnitt (4)

Erwartungsgemäß funktionieren alle Leuchteinrichtungen. Die größere Hürde ergibt sich nun: „Wissen sie, wo hier die Fahrgestellnummer angebracht ist?“. Nein, leider habe ich auch keine Ahnung, es ist meiner erste Hauptuntersuchung mit diesem Fahrzeug. Wir suchen gemeinsam ein paar Minuten in und um die Ape. Ja sogar auf dem Boden kriechen wir herum und suchen unter der Ape am zentralen Längs-Träger. Nichts. Der Prüfmensch verschwindet und schaut in seinem schlauen Computer nach. Letztlich werden wir fündig in der Nähe des rechten Türrahmens.

Nun stehen wir wieder und warten: Wo ist nur die Rahmennummer? Die Hebebühne im Hintergrund ist zwecklos, das Anheben damit klappt bei der Ape nicht! Die Grube links genauso wenig.

Nun will der Prüfer eine Runde fahren, die Ape steht aber vorwärts in der Garage. „Okay, Schaltung ist wohl so wie bei einem Vespa-Roller. Hat die denn sowas wie einen Rückwärtsgang?„. Ich wundere mich. Eigentlich eine blöde Frage für einen Prüfer, der gerade festgestellt hat, dass die Rückfahrscheinwerfer funktionieren…

Er ist wohl doch etwas aufgeregt, mein Prüfer. Er meint, das wäre seine erste Ape in mehr als 25 Dienstjahren. Das ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die Ape 50 wohl am meisten verkauft wurde. Die hat aber nur ein Versicherungskennzeichen und ist daher von der Hauptuntersuchung nicht betroffen.

Der Prüfer jedenfalls dreht eine Runde um den das Gebäude. Als er wieder kommt, fällt mir ein: „Ich hätte vielleicht erwähnen sollen, dass die keinen Bremskraftverstärker hat. Wenn man die Bremse testen will, dann muss man schon sehr fest zutreten.“ Das wäre okay, die Bremse wäre in Ordnung, sagt der Herr vom TÜV. Wie er das festgestellt haben will, frage ich mich still und leise – um nicht den Groll der Götter im blauen Baumarkt-Strampler auf mich zu ziehen. Quietschende Reifen habe ich jedenfalls nicht gehört – und ich weiß mit Sicherheit, dass genau das mit dieser Ape geht, wenn man nur richtig auf das Pedal latscht…

Das war es denn dann auch schon mit der Sicherheitsüberprüfung. Ich wundere mich. Denn wenn ich recht überlege, wurde neben der nur sehr oberflächlichen Bremsprobe folgendes nicht geprüft:

  • Hupe
  • Scheibenwischer und -waschvorrichtung
  • Radlager-Spiel
  • Spiel in der Gabel
  • Spiel der Hinterachs-Lenker
  • Unterbodenkorrosion
  • Antriebsmanschetten
  • Dichtigkeit des Stoßdämpfers
  • Gummielemente der Federung
  • Handbrems-Wirkung
  • Scheinwerfer-Einstellung (und dabei hatte ich mir solch eine Mühe gegeben)

Nun ging es noch an die Abgas-Untersuchung. Eine Ape Calessino gibt es im Analyse-Computer natürlich nicht. Man wählte hier einfach einen Vespa-Roller mit 200 cm³.

„Wenn sie die Diagnose-Buchse für OBD-2 suchen,…“

„Hat die doch nicht…“

Doch sicher, die hat ja auch einen Kat mir Lambda-Sonde“

Nein, echt? Ist mir egal, ich mache das jetzt hier wie bei einem Roller.“

Halten wir also am Ende fest: Wer eine Ape hat, braucht vor dem TÜV keine Angst zu haben!

Auf geht es zu neuen Abenteuern für die nächsten zwei Jahre! Also zumindest, wenn sonst nichts ausfällt…

Nicht nur findet man das Gerät hier so niedlich wie die meisten übliche Passanten auch – man hat auch schlichtweg keine Ahnung von so einem Fahrzeug! Der Prüfer heute hatte sichtbar keine Idee, wie er dieses Fahrzeug prüfen sollte. Ich hätte Motor und Achse eines Quad mit dreifacher Leistung einbauen können, ohne Türen und Katalysator hier vorfahren können – und es hätte niemanden gestört.

Letztlich war es eine sonnige Ausfahrt und mit einem positiven Ausgang: Der neue Aufkleber sagt, dass wir jetzt wieder zwei gemeinsame Jahre und hoffentlich viele Abenteuer vor uns haben, die Ape und ich.

Schluss mit Lari-„Fari“ – Scheinwerfer einstellen an der Ape

Jetzt ist es bald soweit und die Ape muss zum ersten Mal zum TÜV. Das muss sie ja wirklich schon nach zwei Jahren, denn die 3-Jahres-Regel gilt nur für Autos, nicht für Krafträder.

Kein Problem, was soll schon sein? Nun, es könnte sein, dass dem TÜV die Ausrichtung der Scheinwerfer nicht gefällt. Die Ape schielt nämlich ziemlich! Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass sie dass schon seit zwei Jahren tut, denn mit dem zu hohen Lichtkegel auf der linken Seite wurde sie schon ausgeliefert. Offensichtlich haben sich weder Piaggio-Werk noch der Händler dafür verantwortlich gefühlt vor der Auslieferung mal das Licht richtig einzustellen. (So einiges Anderes auch nicht, Anm. d. Autors).

Gestört hat es bisher nicht – weder mich noch meine Mitverkehrsteilnehmer. Mich nicht, denn es braucht nicht viel Licht, wenn man mit der Ape durch die Gegend schleicht. Der Gegenverkehr hat von den lichtschwachen Funzeln keine ernsthafte Blendung zu erwarten. Er sieht sich hier mit der Lichttechnik der 60er-Jahre als Gegner konfrontiert. „Bilux“-Lampen gibt es heute sonst wohl nur noch in Oldtimern.

Die Frage ist jetzt: Wie stellt man zu Hause eigentlich am besten seine Scheinwerfer ein?

Die Firma Hella baut dafür schöne Einstellgeräte, aber für die Garage zu Hause ist das eher zu viel des Guten. Und deshalb waren sie so nett und haben sogar eine Anleitung parat, wie man es denn auch ohne Ihr Gerät machen kann.

Nun habe ich aber keine passende Wand mit 10 m ebener Fläche davor und auch keine Lust viele Striche auf irgendeine Wand zu malen. Das könnte zu Ärger führen, wenn einem die Wand nicht gehört…

Meine erste Idee war daher: Die Wand weg lassen!

Schaut man sich die Formel von der Hella an, dann zielt die Einstellung auf einen Winkel, der die horizontale Lichtkante 30 m vor dem Fahrzeug projiziert: 10m Abstand zur Wand mit einer Lichtkante von einem Drittel der Leuchtmittelhöhe über Grund. Das ergibt dann 30 m auf ebenem Straßenboden, wenn man von Beugung des Lichts durch Verzerrung der Raumzeit mal absieht. Aber seien wir ehrlich: Unsere Ape ist dafür weder schnell, noch schwer genug.

Genau das habe ich dann gemacht: Die Ape und in 30 m Entfernung meinen Verkehrsleitkegel auf die Straße gestellt. Ich kürze das hier ab: Wie so oft war die erste Idee erst mal blöd! Denn in 30 m Entfernung ist das Licht der Ape nur noch schwach und die Bilux-Lampe mit der großen Wendel lässt durch die Pressglas-Streuscheiben im flachen Winkel zum Boden keine Hell-Dunkel-Grenze erkennen.

So also nicht. Statt dessen habe ich am nächsten Morgen mir eine große Pappe genommen und dort meine Linien aufgemalt.

Hier also die Anleitung in 18 einfachen Schritten, wie man seine Scheinwerfer einstellt (und genauso kann man es im Prinzip auch für andere Fahrzeuge machen):

Schritt 1: Als erstes nehme ich mir einen PH2-Schraubendreher (auch genannt: „Kreuzschlitz“), löse an der Seite die Schraube der Scheinwerferverkleidung neben dem Blinker, nehme die Verkleidungen ab und lege sie mir in die Garage. Dann verliere ich sie nämlich nicht unterwegs.

Schritt 2: Ein großes Stück Pappe nehmen, dass mindestens 1,20 m breit und 1 m hoch ist.

Schritt 3: Mit dem Zollstock die Höhe vom Boden bis zum Mittelpunkt der Scheinwerfer messen. Bei meiner Calessino waren das ca. H = 84 cm. Ich zeichne dann einen Strich parallel zu langen Seite bei D = H – e = 84 cm * 2 / 3 = 56 cm ein.

Schritt 4: Ich markiere mir die Mitte der Pappe (Punkt „A“) auf der Linie mit einem senkrechten Strich.

Schritt 5: Ich messe den Abstand der Mittelpunkte der beiden Scheinwerfer der Ape. Bei meiner Calessino waren das genau eine „Strecke BC“ = 80 cm

Schritt 6: Ich zeichne je ein kleines Kreuz bei Punkt „B“ und Punkt „C“ mit 80 cm / 2 = 40 cm links und rechts vom senkrechten Strich bei Punkt A. Genau dort hin müssen die beiden Lichtstrahlen nachher ausgerichtet werden.

Morgens vor der Arbeit bauen wir uns schnell eine Lichteinstellschablone.

Schritt 7: Ich warte, bis es draußen halbwegs dunkel geworden ist. Dum-di-di-dum. Boah, geht das langsam…

Schritt 8: Ich suche mir ein Stück gerade Straße aus, wo ich mindestens 20 m Platz habe, niemand parkt und ich niemanden störe, wenn ich dort parke und ein paar Minuten mit Licht herumleuchte. Praktischerweise habe ich so ein Stück Straße direkt vor der Haustür!

Schritt 9: Ich stelle die Ape parallel zum Bordstein ab. Wirklich so parallel, wie es nur geht.

Schritt 10: Ich messe den Abstand vom Fahrzeug bis zur Fahrzeugmitte. Das geht bei der Ape echt prima, denn da hat die ja ein Rad!

Schritt 11: Ich stelle etwas auf der Straße auf, an das ich die Pappe anlehnen kann und stelle das genau 10 m von der Fahrzeugfront nach vorn. Dafür benutze ich meinen tollen, blauen BOSCH-Laser-Entfernungsmesser. Aber das auch nur, weil ich den so toll finde und sonst so selten eine Möglichkeit finde, ihn einzusetzen. Ein Seil oder ein Maßband täten es natürlich auch auch, oder auch nur das Zählen der Schritte oder Kantsteine.

Schritt 12: Die Pappe sollte jetzt so stehen, dass der senkrechte Strich von Punkt A genau den gleichen Abstand vom Kantstein oder Straßenrand hat wie das Rad in der Mitte der Ape. Also er genau in der Verlängerung der Fahrzeug-Längs-Mittel-Achse liegt. Bei einem Auto nimmt man halt die Mitte des Emblems.

Schritt 13: Motor an, dann ist Licht an – denn Licht ist ja immer an bei der Ape! Wer weiß, dass er schnell mit einstellen ist, es seiner Batterie gut geht, der Weg nach Hause ausschließlich bergab geht oder ansonsten bequem geschoben werden kann, der – ja, aber auch nur der – kann auch den Motor aus lassen und es mit „Zündung an“ gut sein lassen.

Schritt 14: Auch wenn es anders aussieht, weil die Schrauben diagonal am Rahmen sitzen: Eine ist für hoch und runter, die andere für links und rechts!

Schritt 15: Ich hänge einen Lappen vor den rechten Scheinwerfer, damit ich nur das Licht des linken Scheinwerfers sehe. Jetzt drehe ich so lange an den beiden Schrauben herum, bis der „Knick“ in der Lichtverteilung (also da, wo der Lichtstrahl nach oben bzw. vorn rechts abzweigt) sich genau an der Stelle des linken Kreuzchens auf der Pappe befindet (Punkt „B“). Dann müsste links vom Kreuzchen die Lichtkante genau auf der horizontalen Linie liegen und die Lichtkante rechts davon dann nach oben rechts ansteigen. Dabei setzte ich mich immer wieder in die Ape, denn es soll ja genau dann dorthin zeigen, wenn ich damit fahre. Das macht man bei Krafträdern so, falls der TÜV-Mann meckern sollte. Die APE ist ja schließlich ein Kraftrad! Und ja, meine Ape senkt sich vorn ein gutes Stück, wenn ich einsteige. Ich möchte nicht weiter darüber reden…

Die eine Schraube schwenkt den Scheinwerfer nach links und rechts.

Schritt 16: Jetzt hänge ich den Lappen über den linken Scheinwerfer und spiele das Einstell-Spiel mit dem rechten Scheinwerfer. Natürlich muss der jetzt den rechten Punkt „C“ treffen.

Die andere Schrauben schwenkt ihn nach rechts oder links.

Schritt 17: Sollte das geklappt haben, dann fahren wir zurück nach Hause in die Garage und sind glücklich. Aber halt: Die Pappe nicht vergessen, sondern brav wieder mitnehmen. Und wer sich wundert, warum es unterwegs noch dunkler auf der Straße ist: Dann hängt noch ein Lappen vor einem Scheinwerfer…

Einstellung des linken Scheinwerfers. Sein Mittelpunkt liegt beim Punkt „B“.

Schritt 18: So, jetzt zu Hause noch die Scheinwerferabdeckungen wieder anschrauben, damit man nicht die Roststellen sieht, wo die Karosserieklammern von Piaggio den Lack verletzt haben.

Giovanni Trapattoni gratuliert: „Wir haben fertig„! Ich habe gleich noch mal eine kleine Probefahrt durch die Felder gemacht um mein Werk zu feiern. Schaut gleichmäßiger aus – aber nicht heller. Dann schauen wir mal, was der TÜV dazu sagt. Und wehe ihm, er sagt etwas Negatives. Ich habe mir so viel Mühe gegeben.

Spaßbremse

Kaum ist das Salz von den Straßen, dass Straßen.NRW noch mal großzügig am Ende der Eiszeit verteilt hat, kommt die Ape wieder in Bewegung. Aber diesmal über den langweiligen Winter hat sie sich etwas Neues ausgedacht!

Ich schaute nicht schlecht, als ich die Ape in die Garage gefahren hatte, das Tor zumachen wollte und mich zwei rote Lampen anleuchteten. Das ist Motivation! Hast Du vergessen, das Licht aus zu machen? Nur eine Sekunde, denn nein – einen Lichtschalter hat sie ja gar nicht! Es geht mit der Zündung an oder aus und den Schlüssel hielt ich noch in der Hand! Auch waren die Scheinwerfer aus – es muss ich also um das Bremslicht handeln.

Das Bremslicht funktioniert bei der Ape in der Tat auch ohne Zündung. Und es kann leuchten, wenn man nicht auf das Bremspedal drückt. Offensichtlich.

Ich habe auf die Schnelle mal eben am Bremspedal gewackelt und der Spuk hatte ein Ende.

Aber nicht lange. Das Verhalten zeigte sich mehrfach und so habe ich beim ersten schönen Sonnenschein das Problem mal in Angriff genommen.

Der Bremslicht-Schalter sitzt direkt am Bremspedal und ist aus Sicherheitsgründen so konstruiert, dass er sich im gedrückten Zustand befindet, wenn das Bremspedal in Ruhestellung ist. Drückt man das Bremspedal, so entspannt sich der Schalter und schließt den Stromkreis zu den Bremsleuchten. So ist sichergestellt, dass die Bremslichter an gehen, wenn der Schalter mal abfallen sollte. „Bremslicht an“ ist der sichere Zustand.

Der Schalter funktioniert tadellos. Es scheint in der Tat so zu sein, dass sich in der Lagerung des Bremspedals, wo die axiale Feder das Bremspedal vorspannt, sich eine Reibung aufgebaut hat, die das Bremspedal in kalten Temperaturen daran hindert, den Weg ganz bis an den Anschlag der Ruheposition zurück zu laufen.

Die einfachste Idee scheint hier zur Lösung geführt zu haben: Es gibt Reibung? Also ein bißchen Silikonöl auf die Torsionsfeder, die Lagerungen und die Stelle, an dem der Nocken den Bremslichtschalter betätigt. Problem vorerst behoben!

Sicherlichkeit

Wenn ich mit Leuten aus der und über die Ape ins Gespräch komme, dann kommt oft auch diese eine Frage irgendwann auf:

„Ist denn das auch sicher?“

Die ehrliche Antwort lautet: Sicher nicht! Allerhöchstens ein ganz wenig sicher. Sagen wir verniedlicht also: „Sicherlich“.

Jetzt muss man als Referenz erst mal herausfinden, was so ein Mensch mit „sicher“ eigentlich meint: Ein Auto. Vermutlich ein modernes Auto. Und die sind ziemlich sicher für die Insassen: Ein Rad an jeder Ecke, schwer, außen hart und innen ganz weich – mit geschäumten Armaturenbrettern und Airbags für Kopf, Schulter, Knie und Baby-Zeh. Dazu eine Armada von Assistenzsystemen, dass die erste englische Elisabeth es mit der Angst zu tun bekommen hätte.

Nein, im Vergleich ist die Ape nicht sicher: Die Struktur der Ape aus gepressten Blechen ist weder längs-, noch quer- und schon gar nicht torsionsstabil. Eine Knautschzone gibt es nicht – knapp vor dem großen Zeh des Fahrers dreht sich schon das Vorderrad. Weiter vorn ist nur noch Luft. Die Türen der Ape sind eigentlich nur Rahmen aus Stahlrohr, in der Mitte ist nur Segeltuch. Das Dach genauso.

Würde sich die Ape übeschlagen – ich wäre nicht einmal sicher, ob der Rahmen der Frontscheibe standhalten würde. Würde ein Fahrzeug von der Seite in die Ape hineinstoßen – erst der Zentralträger in der Mitte des Fahrzeugs würde einen nennenswerten Widerstand bieten. Die Hälfte des Fahrers und ein Passagier wären dann schon verloren. Es gibt keinen stabilen Querträger, der die Karosserie gegen seitliche Einwirkung aussteifen würde. Fällt etwas von oben auf die Ape, was schwerer als eine überladene Brieftaube ist, hat das Stoffdach und die dünnen Rohre des Verdecks dem nichts entgegen zu setzen.

Eigentlich müsste man in oder auf der Ape einen Helm tragen. Zumindest aus der Erkenntnis der Gefahrenanalyse heraus. Damit man genau das nicht aus rechtlichen Gründen muss, dafür hat sich Piaggio die lustigen Stofftüren ausgedacht! Denn…

„in der Bundesrepublik besteht seit 1976 […] eine Helmpflicht im Straßenverkehr für Fahrer und Beifahrer von Krafträdern und offenen drei- oder mehrrädrigen Kraftfahrzeugen ohne Sicherheitsgurte ab einer bauartbedingten Geschwindigkeit von mehr als 20 km/h (§ 21a Abs. 2 StVO).

https://de.wikipedia.org/wiki/Helmpflicht

Die Calessino verfügt über drei Beckengurte – und da es ja ein im ganz weit ausgelegten Sinn auch so etwas Ähnliches wie ein „Dach“ und „Türen“ gibt, ist es auch kein „offenes“ Dreirad mehr. Und schon entfällt die Helmpflicht!

Einen weiten, womöglich funktionalen Sinn scheinen die Türen nicht zu haben – schließlich hatten die indischen Varianten bisher keine. Sie fuhren auch ohne Türen ganz prima und im Alltag auch praktischer. Aber auch in Indien muss sich an der Gesetzgebung etwas verändert haben, denn auch dort hat die „Ape City“ inzwischen zumindest hinten halbhohe, feste Plastiktürchen bekommen. Das es nicht etwa ein unwahrscheinlicher Sicherheits-Fetisch von Piaggio ist, sieht man daran, dass Erz-„Mitbewerber“ Bajaj inzwischen das Gleiche tut.

Nun, mit den Beckengurten sind wir jetzt in der Tat über den ersten Punkt auf der Haben-Seite der Sicherheit gestolpert. Sie sorgen dafür, dass man zumindest nicht aus dem Fahrzeug geschleudert wird, wenn es sich denn mal überschlägt oder zerknüllt. Auf das Hartplastik-Armaturenbrett schlägt man mit dem Kopf im Zweifelsfalle nur wenig härter auf als auf den Lenker aus Stahl. Oder man trifft auf einen der unverkleideten Stahlholme.

Airbags gibt es in der Ape genau so viele wie Brustgurte, Gurtstraffer und Gurtkraftbegrenzer: Für jeden der drei Passagiere genau keinen.

Wenn ich bei der Ape bei einer Vollbremsung ausweichen möchte und daher nicht will, dass die Räder blockieren – dann lasse ich einfach die Bremse los. Das war früher bei Autos auch nicht anders. Ältere Menschen über 40 Jahren werden das wohl noch kennen.

Mit dem modernen Konzept eines Personenkraftpanzer der SUV-Klasse kann sich die Ape in Sachen Sicherheit nicht messen. Er ist vielleicht noch mehr selbst das Problem, als die Ape selbst: Wenn 2,5 t Stahlbrumme mit Crashstrukturen auf Hüfthöhe auf die Ape stoßen, dann geht der Kampf aus wie der eines 4-jährigen gegen Muhammad Ali. Egal, ob der Knirps eine schnelle Rechte hat.

Ob man es glaubt oder nicht, so findet man doch ein paar Argumente für die Ape im Gegensatz zum Auto. Es sind die Punkte, an die man nicht sofort denkt: In der Ape habe ich rundherum einen erstklassigen Blick auf den Verkehr. In den meisten modernen PKW hat man dagegen einen Rundumblick wie im Tiefbunker.

In der Ape beschlägt mangels geschlossener Kabine nie meine Scheibe. Die Sicht ist immer gut. Und wenn es mal richtig eng wird zwischen parkenden Autos am Straßenrand und dem Gegenverkehr – mit der Ape finde ich meist einen Weg um noch sicher hindurch zu flutschen.

Man braucht eine andere Referenz für die Sicherheit der Ape. Ich wähle am liebsten die eines Motorrollers: Die gefahrenen Geschwindigkeiten sind genauso vergleichbar wie die Benutzerprofile.

Für die Ape sprechen jetzt auf einmal ganz handfeste Vorteile:

  • Sie fällt nicht einfach um, wenn ich nicht aufpasse!
  • Auch wenn sie bei Glatteis rutscht, bleibt bei der Ape zuverlässig die Gummiseite unten und das Segeltuch oben.
  • Ich kann die Bremse bedenkenlos voll betätigen, ohne Angst zu haben, gleich auf dem Asphalt zu liegen.
  • Im Regen habe ich kein Beschlag-Problem wie im Helm und dazu auch noch einen Scheibenwischer, der mit das Sichtfeld frei räumt.
  • Dinge bis zu einer gewissen Härte und eines bestimmten Gewichts hält mir die Frontscheibe von Kopf und Hals fest. Auf einem Motorroller fliegen sie mir ungefiltert an den Helm. Beo offenem Visier gleich ins Gesicht.
  • Ich habe zumindest einen Ansatz einer Blechwanne um mich herum, die Dinge wie niedrig hängende Zweige, Gischt, Steinschlag und Passanten auf Abstand hält.
  • In der Ape habe ich gleich zwei schlappe Frontscheinwerfer statt einer einzigen, zweifelhaften Funzel. Ich habe wirklich selten einen Motorroller mit brauchbarem Frontscheinwerfer gesehen. Es gibt zwei Rücklichter, zwei Bremslichter – und im Härtefall sogar ein Warnblinklicht!

Für einen Motorroller sprechen eigentlich nur seine bessere Agilität im Verkehr und der zusätzliche Schutz des Kopfes durch einen Helm. Vielleicht auch des restlichen Körpers, falls man zu den wenigen Rollerfahrern gehören sollte, die Schutzkleidung zur Fahrt anziehen.

Als Fazit kann man sagen: Die Sicherheit der Ape liegt irgendwo auf dem Niveau eines Motorrollers. Ein vernunftbegabter Durchschnittsbürger kann es jahrelang machen, ohne notwendigerweise dabei umzukommen.

Es gibt sicher gefährlichere Methoden am Straßenverkehr teilzunehmen: Nachts Fahrrad fahren ohne Licht, Badeschlappen und Shorts auf dem Sportmotorrad, ein Quad, betrunken auf der Straße einschlafen oder einfach spazieren gehen im Schalke-Trikot im Dortmunder Norden.

Alles in allem bleibt aber zu sagen: Wenn jemand die Frage stellt, ob die Ape denn auch sicher ist, dann gehört er definitiv nicht zu den Menschen, die eine Ape fahren würden.

Versatzstück

Eine Sache über die Ape ist mir neulich klar geworden: Die Ape ist mit Ihrem einzigen Vorderrad deutlich labiler in der Kurvenfahrt als ein Auto!

Klar, das klingt jetzt nach einer Binsenweisheit. Aber ich meine nicht, dass sie eher kippt wegen der kleinen Aufstandsfläche oder des kleinen Abrollumfangs eher in Schlaglöchern hängen bleibt.

Nein, die Erkenntnis kam mir bergab, nach dem Durchfahren einer Autobahnunterführung. Es geht dort flott mit mehr als 50 km/h durch eine Kurve. In der Kurve ist aber eine Bodenwelle. Und außen entlang der Kurve ist eine Gartenmauer…

Vorsicht vor Bodenwellen in schnellen Kurven mit der Ape!

Fahre ich mit meinem Auto flott um eine Kurve, dann passiert auch bei Bodenwellen meist nicht viel. Federung und Dämpfung sorgen für Haftung. Wird das Fahrwerk unruhig und ein Rad springt, dann hält mich das zweite Rad leidlich in der Bahn. Selbst wenn es mein Auto beim Überfahren der Welle ein wenig nach Außen versetzt, so tut es dass in kurzer Folge erst vorn und dann hinten. Der Winkel ändert sich kurz – aber nachdem die Hinterräder „über den Berg“ sind habe ich die gleiche Fahrtrichtung wie vorher – nur etwas weiter außen.

Bei der Ape ist das nicht so. Über die Bodenwelle wird mein Vorderrad erst komprimiert und beim abrollen wird der Anpressdruck dann gering. Das Vorderrad versetzt plötzlich stark nach außen! Zwar passiert hinten das Gleiche, aber die Kräfte beim überrollen verteilen sich auf zwei Räder und fallen damit geringer pro Rad aus. Bei der Fahrt über die Bodenwelle versetzt das Heckund die Fuhre versetzt deutlich weniger. Jetzt zeigt die Vorderradnase deutlich mehr nach außen und die Gartenmauer kommt kuschelig nahe.

Mehr Lenkwinkel am Vorderrad soll es richten und der indische „MITOS“-Reifen vorn quietscht leicht und verwindet sich fühlbar. Es klappt und der Fahrzustand endet unspektakulär geradeaus.

Die Erkenntnis steckt jetzt fest im Hirn: Vorsicht vor Bodenwellen in schnellen Kurven mit der Ape. Das war mir vorher so nicht so bewusst.