Ape-Unter im Büsumer Hafen

Einen Tag in Büsum – und ich hätte nicht gedacht, hier auf eine Ape zu stoßen. Erst recht nicht auf einen ganzen Haufen.

Zunächst waren wir nach von ans Meer zum Büsumer Leuchtturm. Mann, was war das ein Wind hier, der die Gischt vom Meer herüberbläst! Auf dem Deich konnte man nicht gerade stehen. Dazu war ich froh, dass es gerade einmal nicht regnete!

Eine weiße Ape 50 ZAPC81 trägt Werbung für ein Geschäft am „Lighthouse“-Hotel.

Um die Ecke steht in einer Mauernische der Landseite des „Lighthouse“-Hotelkomplexes eine Ape 50. Es ist eine ZAPC81, das neueste Modell und damit keinesfalls älter als 5 Jahre. Aber schaurig anzusehen, wie sie schon rostet! Das ist wohl der Tribut an die salzige, gesunde Meerluft! Abnutzung kann es wohl nicht sein, denn ein Blick auf den Tacho verrät, dass diese Ape nie in den Genuss kam, die langen Geraden der norddeutschen Tiefeebene zu befahren. Wie sagt man in Friesland noch so schön: Da kannst Du morgens schon sehen, ob einer nachmittags mit seiner Ape zu Besuch kommt. Dieses Bienchen hat nur ganze 31 km auf dem Zähler.

Nur 31 km, weiter hat diese arme Ape es noch nicht geschafft. Es ist eine echte Werbe-Queen. Sozusagen eine Immobilie.

Nun steht sie sich hier mit Ihren Weißwandreifen platt, und nur der Besitzer weiß wohl, warum sie nur einen davon bekommen hat. Auf der Hinterachse muss weiterhin ein Schwarzfuß sein Die Unschuldige im weißen Gewand trägt wie zum Beweis ihrer Jungfräulichkeit noch alle Angstnoppen auf ihrem Pneu.

Der einzige Weißwand-Reifen ist vorn montiert. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er trotz nicht-Benutzung noch Luft enthält, noch über alle Gummi-Noppen der Fertigung verfügt und ansonsten in der gesamten Umgebung das einzige Bauteil ohne Rostbefall ist.

In der Hafenstraße entdecke ich dann eine weitere Ape! Sie ist kaum zu übersehen: In Feuerwehr-Rot mit gelben Warnstreifen. Und wieder ist es eine neue ZAPC81. Man könnte meinen, es sei eine Feuerwehr-Ape. Ja, sowas gibt es wirklich, zum Beispiel in Königswinter. Aber bei genauerem Hinsehen steht „FeWoWehr“ drauf und es ist doch nur eine Werbe-Ape wie so viele andere 50er auch. Nur hat sie ein echtes Blaulicht mit einem Reflektor und Lampe. Wie der Eigentümer das wohl genehmigt bekommen hat? Vermutlich gar nicht – und das liegt daran, dass eine Ape 50 ja keiner Pflicht zur Hauptuntersuchung unterliegt.

In der Hafenstraße steht eine „Fewowehr“-Ape.

Kurz bevor wir Büsum verlassen, schauen wir noch im Hafen vorbei. Ich möchte ein Bild vom Kutter „Hauke“ machen, der dort am Kai liegt. Und was sehe ich? Da ist ja noch eine von den roten Api, die gern bei der Feuerwehr sein würden. Oder ist es die selbe von eben? Dann wäre sie schnell gefahren und eigentlich hätte ich sie auch hören müssen. Außerdem scheint sie allgemein nicht viel zu fahren, denn auch bei Google Street View steht sie schon an diesem Platz:

Bei Google Street View auch zu sehen: Die Fewowehr-Ape. Quelle: Google Street View.

Lange habe ich nachgedacht, ob es die selbe Ape ist oder ob es zwei oder mehr von dieser Sorte gibt. Das Nummernschild habe ich nicht fotografiert und daher habe ich immer mehr gezweifelt. Wenn es zwei Api wären, dann müsste man doch einen Unterschied finden können: Luigi und Andrea in Pontedera bauen ganz bestimmt nie zwei Api auf exakt gleiche Weise zusammen, das kann nicht sein. Denn das wäre Qualität: Eine wie die andere

„Am Fischereihafen“ findet man Plötzlich einen Doppelgänger der „Fewowehr“-Ape.

Aber doch finde ich lange keinen Unterschied – bis auf die andere Spiegel-Stellung. Aber das kann passieren, wenn man daran hängen bleibt. Selbst der Reflektor des Blaulichts ist in der gleichen Position stehen geblieben. Sie gleichen sich wirklich von der Schraube bis zum Aufkleber.

Aber doch sind es zwei. Wer findet den Unterschied?

Jahres-Ape-Rechnung

Das neue Jahr fängt an und es ist Zeit, das letzte Jahr mit der Ape einmal revue passieren zu lassen.

Vor einem Jahr habe ich mir Vorsätze für das Jahr 2022 vorgenommen, was die Ape angeht. Meine Vorsätze sind im Wesentlichen den Gang der meisten Neujahrsvorsätze gegangen. Den einzigen Haken kann ich an die erfolgreiche Hauptuntersuchung machen. Der Rest der Punkte ist zumindest im letzten Jahr nichts geworden: 100 Geocaches an einem Tag? Anderen Familien-Aktivitäten zum Opfer gefallen? Die Chrom-Blenden für die Scheinwerfer? Ich habe mich nicht getraut, die Blechhalter abzusägen. Vermutlich muss man das aber tun. Mit der Ape zum Drive-In? Haben wir einem Spielkollegen meines Sohns versprochen, aber noch nicht gemacht. Und jetzt ist ja nun erst mal Winter.

So geht es weiter, versuchen wir es einfach in 2023 noch mal. Immerhin habe ich gleich zwei Mal die Ape zur Arbeit genommen. Das klingt nicht besonders, aber mein Arbeitsweg sind halt schon ca. 130 km am Tag…

Ja, wir haben trotzdem eine Menge Spaß gehabt, die blaue Calessino und ich. Und jetzt könnte man fragen, was mich der Spaß denn über das Jahr gekostet hat:

Bei einem Verbrauch von 3,92 l/100 km habe für 1840 km im Jahr 2022 ganze 72 l Benzin gebraucht. Das hat mich 132 Euro gekostet und ergibt somit variable Betriebskosten von 7,18 €/100 km.

Das ist einfach, denn außer Benzin gab es im letzten Jahr keine Betriebsmittel zu kaufen. Wartung mit Ölwechsel machen wir dann in diesem Jahr, wenn die 5000 km rum sind!

Bleiben noch die Fixkosten:

  • 67,90 € Hauptuntersuchung
  • 42,00 € Steuer
  • 28,88 € Versicherung.

Unsere Ape kostet uns also ca. 11,50 € im Monat – nur damit sie da ist.

Der größte Anteil dürfte der Wertverlust sein, wenn ich die Ape über eine Nutzungsdauer von 10 Jahren abschreibe, dann wären das ca. 700 € im Jahr.

Aber das ist nur die halbe Wahrheit – denn die Ape möchte ich schon länger als 10 Jahre behalten. Außerdem hat sie einen Restwert. Und den zu kalkulieren fällt mir sehr schwer: Es gibt keine Ape mehr neu zu kaufen und der Markt in Deutschland ist so wie so eher ein Liebhaber-Markt. Wer kauft sich hier eine Ape, nur weil er irgendwas zum Fahren braucht? Wenn ich die Angebote für Api im Netz so ansehe, dann wäre sie verblüffend wertstabil – falls jemand die in den Portalen aufgerufenen Preise denn auch realisiert bekommt. Denn der Markt für Api ist alles in allem in Deutschland doch eher klein.

Spaßbremse

Kaum ist das Salz von den Straßen, dass Straßen.NRW noch mal großzügig am Ende der Eiszeit verteilt hat, kommt die Ape wieder in Bewegung. Aber diesmal über den langweiligen Winter hat sie sich etwas Neues ausgedacht!

Ich schaute nicht schlecht, als ich die Ape in die Garage gefahren hatte, das Tor zumachen wollte und mich zwei rote Lampen anleuchteten. Das ist Motivation! Hast Du vergessen, das Licht auszumachen? Nur eine Sekunde, denn nein – einen Lichtschalter hat sie ja gar nicht! Es geht mit der Zündung an oder aus und den Schlüssel hielt ich noch in der Hand! Auch waren die Scheinwerfer aus – es muss sich also um das Bremslicht gehandelt haben.

Das Bremslicht funktioniert bei der Ape in der Tat auch ohne Zündung. Und es kann leuchten, wenn man nicht auf das Bremspedal drückt. Offensichtlich.

Ich habe auf die Schnelle mal eben am Bremspedal gewackelt und der Spuk hatte ein Ende.

Aber nicht lange. Das Verhalten zeigte sich mehrfach und so habe ich beim ersten schönen Sonnenschein das Problem mal in Angriff genommen.

Der Bremslichtschalter sitzt direkt am Bremspedal und ist aus Sicherheitsgründen so konstruiert, dass er sich im gedrückten Zustand befindet, wenn das Bremspedal in Ruhestellung ist. Drückt man das Bremspedal, so entspannt sich der Schalter und schließt den Stromkreis zu den Bremsleuchten. So ist sichergestellt, dass die Bremslichter angehen, wenn der Schalter mal abfallen sollte. „Bremslicht an“ ist der sichere Zustand.

Der Schalter funktioniert tadellos. Es scheint in der Tat so zu sein, dass sich in der Lagerung des Bremspedals, wo die axiale Feder das Bremspedal vorspannt, eine Reibung aufgebaut hat, die das Bremspedal bei kalten Temperaturen daran hindert, den Weg ganz bis an den Anschlag der Ruheposition zurückzulaufen.

Die einfachste Idee scheint hier zur Lösung geführt zu haben: Es gibt Reibung? Also ein bisschen Silikonöl auf die Torsionsfeder, die Lagerungen und die Stelle, an der der Nocken den Bremslichtschalter betätigt. Problem vorerst behoben!

Mnmlsms

Was ist denn das für eine Überschrift? Ist die Katze über die Tastatur gelaufen oder fehlt da was?

Nein, bei uns gibt es keine Katze. Da fehlt was: die Vokale. Es sollte „Minimalismus“ heißen. Wenn man es weiß, kann man sie weglassen und versteht es trotzdem. Vokale sind dann redundant und können weg. Genau, darum soll es gehen: Was überflüssig ist, braucht man nicht.

Und schon sind wir bei der Ape, denn sie ist ein minimalistisches Fahrzeug – wenn nicht sogar das minimalistischste aller Fahrzeuge, die man in den letzten Jahren kaufen konnte. Abgesehen vom Mofa vielleicht. Aber das kippt um, wenn man es loslässt.

Am Anfang steht die Motivation. Die Frage nach dem „Warum?“ stellt sich immer schon vor dem „Wie?“ oder „Was?“. Für die Ape könnte dies in einem Satz so lauten:

Möglichst vielen Menschen soll es ermöglicht werden, einen Mensch und Gepäck ohne Anstrengung wo anders hin zu bringen, ohne dass etwas nass wird.

Der Anforderungskatalog dazu passt dann auf den Deckel eines Pizzakartons (Bierdeckel benutzt man in Italien ja nicht):

  1. Der Fahrer braucht eine Scheibe und etwas über dem Kopf, damit er bei Regen nicht nass wird.
  2. Das Ding braucht einen Motor, damit niemand schieben und keine Tiere ziehen müssen.
  3. Das Ding muss von selbst stehen können. Denn wenn es immer umfällt, kann man es nicht gut beladen. (Eine durchaus gute Frage, ich habe noch nie herausgefunden, wie die Inder mit ihren Zweirädern das genau anstellen.)
  4. Die Mindestanzahl der Räder ergibt sich von allein zu drei Stück: Denn erst mit dem dritten Aufstandspunkt ergibt sich im dreidimensionalen Raum für die Position des zu entwerfenden Dings ein vollständig bestimmtes Gleichungssystem.
  5. Außer dem Fahrer muss man noch was mitnehmen können. Entweder eine Menge Zeug oder mindestens zwei Leute. In Indien gegebenenfalls auch mehr.
  6. Das Ding darf nicht teuer zu kaufen sein, sonst kaufen es arme italienische Bauern nämlich nicht. Und es darf auch nicht teuer im Betrieb sein, denn sonst benutzt es keiner. Und dann kauft es auch keiner bzw. nur die Doofen.
  7. Das einzelne Rad kommt nach vorn, die zwei Räder nach hinten – denn hinten kommt die ganze Beladung hin.
  8. Ein Motor nimmt dem Fahrer die Arbeit ab, das Ding zu schieben. Das ist der entscheidende Mehrwert – denn Schubkarren und Sänften gab es schon.
  9. Es werden die hinteren Räder angetrieben, denn das vordere Rad anzutreiben ist kompliziert. Und kompliziert ist teuer – und überhaupt macht es keinen Spaß, das zu konstruieren.
  10. Das Ding braucht eine Bremse zum kontrollierten Anhalten.
  11. Der Motor wird mit Benzin betrieben, denn das gibt es überall und man kann es gut transportieren.
  12. Der Motor bekommt nur einen Zylinder, denn jeder weitere macht im Prinzip nichts anderes als der erste auch.
Wenn man so ein Fahrzeug beladen will, dann braucht man externe Hilfe, sonst kippt es um. Um das zu vermeiden, braucht man mindestens drei Räder. Gesehen in der Nähe von Pimpri bei Pune (Maharashtra, Indien, 2011).

Schaut man sich die resultierende Architektur an, so verblüfft die Übereinstimmung mit dem ersten Automobil überhaupt, dem Patent-Motorwagen Nummer 1 von Carl Benz:

Benz Patent-Motorwagen Nummer 1, Quelle: Wikipedia, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Es ist ebenfalls ein Dreirad mit dem gelenkten, einzelnen Rad vorn und einem Antrieb mit einem Einzylinder-Benzin-Motor. Mit keinem Auto kommt man der ursprünglichen Automobilität so nah wie mit einer Ape!

Gut, wesentliche Fortschritte gibt es trotz alledem im Bereich der Fahrbarkeit und des Komforts. Der Motorwagen Nummer 1 war im Prinzip ein rein technischer Demonstrator. Die Idee eines Dachs gegen Regen war von Kutschen schon lange bekannt und Carl Benz auch klar – schon der Motorwagen Nummer 3 hatte neben einer Federung und einem Schaltgetriebe dann auch schon ein verschließbares Stoffverdeck – jetzt sind wir schon sehr nah dran an einer Calessino!

Hinzugekommen sind seitdem noch einige technische „Finessen“ der Ape in Sachen Fahrbarkeit und Komfort:

  • Ein Differentialgetriebe ermöglicht Kurvenfahrt ohne rubbelnde Reifen.
  • Ein Rückwärtsgang
  • Eine Frontscheibe, die mit höheren Geschwindigkeiten schnell offensichtliche Vorteile bietet
  • Scheibenwischer, die sich schnell aus dem Vorhandensein einer Scheibe erschließen. Diese sind in der Tat nicht rechtlich vorgeschrieben, es gibt bis heute auch Autos ohne Frontscheiben oder sogar mit Frontscheiben ohne Scheibenwischer, so wie z. B. den Caterham oder den Smart Crossblade.
  • Lampen – um nachts zu sehen, wo man hinfährt.
  • Kilometerzähler und Tankuhr, damit man den Tank nicht aus Versehen leerfährt. Und ja – genau genommen sind die beiden Anzeigen schon redundant!
  • Lenk- und Zündschloss

In der Tat sind viele Ausrüstungsteile letztlich aus rechtlichen Gründen hinzugekommen, welche die Ape zunehmend komplexer gemacht haben:

  • Türen – in Indien gibt es die Ape City bis heute ohne vordere Türen (und die hinteren werden als Extra zur erhöhten Fahrgastsicherheit vermarktet).
  • Beleuchtung hinten, Blinker, Rückfahrscheinwerfer und erst seit kürzerer Zeit auch eine Warnblinkanlage
  • Tachometer
  • Sicherheitsgurte
Eine „Auto Rickshaw“ ohne Türen. Zwar keine Ape, aber ein älteres Exemplar des lokalen Marktführers in Indien – eine Bajaj RE. Pune, 2011

Viel mehr ist an einer Ape eigentlich nicht dran. Man könnte sagen, dass dies das absolute Minimum darstellt, mit dem man auf deutschen Straßen heute unterwegs sein kann. Lässt man hiervon etwas weg, so wäre das Fahrzeug entweder illegal zu betreiben oder zumindest gäbe es einen wirklich relevanten Einschnitt in die Funktionalität.

Einen Drehzahlmesser? Hat die Ape nicht. Man hört, wie schnell der Motor dreht. Und dazu ist er so ausgelegt, dass er zu hohen Drehzahlen hin überproportional an Drehmoment verliert. Das heißt, seine Leistung sinkt ab einer gewissen Drehzahl wieder. Jeder Mensch mit einem Vortriebsbedürfnis – also eigentlich jeder – schaltet dann von ganz allein.

Eine Uhr im Armaturenbrett? Gibt es nicht. Man darf davon ausgehen, dass der Fahrer über eine Armband- oder andere Uhr verfügt. oder Uhren in der Umgebung verfügbar sind. Wenn nicht, dann kann man nach dem Sonnenstand schauen oder verlässt sich auf sein Zeitgefühl. Für die Pünktlichkeitsanforderungen auf dem italienischen Land sollte das hinreichend genau sein.

Eine Kühlwasser-Temperatur-Anzeige? Nein, in Ermangelung einer Wasserkühlung ist auch das unnötig. Nach Sicherheitstechnik wie im Auto muss man gar nicht erst suchen – und das ist ein ganz eigenes Thema für sich.

Im Prinzip handelt es sich bei der Ape Calessino also um den Lösungsansatz für Individualverkehr mit der kleinstmöglichen Anforderung an technische Komplexität.

Das führt zu einfacher Wartung und Reparatur und in letzter Konsequenz (hoffentlich) zu einer Steigerung der Zuverlässigkeit durch Verringerung der absoluten Zahl an Fehlermöglichkeiten im System. Denn die Komplexität ist nicht Dein Freund!

„Alles, was Du besitzt, besitzt irgendwann Dich.“

Tylor Durden im Film „Fightclub“

Aus unserer heutigen Welt heraus, in ihrer komplex technisierten Form, kann die Ape Calessino fast als philosophisches Statement betrachtet werden.

Piaggio selbst hat und hatte sich der Entwicklung und Produktion von sehr komplexen Geräten verschrieben: Flugzeuge für den Krieg und später auch für zivile Anwendungen (wobei man auch hier durchaus bereit ist, Konzepte mal von Grund auf neu zu denken).

Vermutlich war der Ansatz bei der Erschaffung der Ape ein profaner und pragmatischer Ansatz mit dem Ziel der Kostenreduktion in der Produktion für eine breite Massenproduktion. Das spiegelt sich auch 70 Jahre später in der aktuellen Ape Calessino noch wider.

Traue ich Piaggio zu, dass sie einen philosophischen Ansatz bei der Entwicklung der Ape seinerzeit zugrunde gelegt haben? Nein. Wohl eher nicht. Aber es bleibt eine schöne Vorstellung, dass es so gewesen sein könnte!

Verkehrt im Kopf

„Jaguar sponsored my trip, and as a result I was able to be co-driver in a ‘54 Jaguar C-Type, and drive a brand-new F-Type R Coupé at high speeds on the autostradas. Because I’m severely wrong in the head, though, I think I was most excited to drive this Piaggio Ape.“

„Jaguar bezahlte meine Reise und dadurch konnte ich Beifahrer in einem ’54er Jaguar Typ C sein und einen nagelneuen F-Type R Coupé mit hoher Geschwindigkeit über die Autostrada jagen. Weil ich aber hochgradig verkehrt im Kopf bin, war ich am allermeisten davon angetan, diese Piaggio Ape zu fahren.“

Jason Torchinsky, jalopnik.com

Steuerungeheuer

Es ist ein Jahr herum mit unserer dunkelblauen Ape! Man merkt es daran, dass plötzlich Geld vom Konto abgebucht wird: Steuer und Versicherung sind fällig!

Die Frage ist: Was kostet der Betrieb eines Calessino 200? Oder eher anders gefragt: Was kostet der Nichtbetrieb – die Fixkosten? Also die reinen Kosten des Besitzes.

Die Steuern sind festgesetzt mit 42 € – kein Verhandlungsspielraum. Ich finde das verhältnismäßig viel. Es sind immerhin 21 €/100 ccm. Man muss bedenken, dass die Calessino 200 sogar Euro 4 klassifiziert ist!

Im Vergleich dazu kostet unser Renault Clio 3 gerade einmal 62 € im Jahr. Das ist nur etwa die Hälfte mehr. Dafür hat man aber ein „richtiges“ Auto für bis zu fünf Personen. Das Auto belastet die Straßen im Vergleich zur Ape mit vier Rädern und einem etwa dreifachen Gewicht und der doppelten Verkehrsfläche. Es hat fast den sechsfachen Hubraum und die siebeinhalbfache Leistung!

Aber warum ist die Ape relativ gesehen so teuer im Vergleich zu einem Auto? Man könnte meinen, dass es am CO₂-Anteil liegen könnte, der seit der Steuerreform 2009 in die Berechnung der Kfz-Steuer eingeht. Aber technisch gesehen hängt die CO₂-Emission direkt am Treibstoffverbrauch (und der Treibstoffsorte). Renault Clio und Ape Calessino verbrennen den gleichen Super-Kraftstoff. Und während der Clio bei uns im mehrjährigen Mittel 6,15 l/100 km verbraucht, begnügt sich die Calessino mit 4,20 l/100 km. Klarer Vorteil für die Ape, sollte man meinen …

Also ist es vielleicht doch wegen der Emissionsklasse? Das kann eigentlich nicht sein, denn beide Fahrzeuge gehören in die Euro 4. Schließlich soll die Besteuerung von dreirädrigen Kraftfahrzeugen ja schließlich nach Hubraum „und Schadstoffemissionen“ bemessen. Das steht ja so im Kraftfahrzeugsteuergesetz:

Die Steuer bemisst sich

[…]

1b. bei dreirädrigen und leichten vierrädrigen Kraftfahrzeugen mit Hubkolbenmotoren, die unter den Anwendungsbereich der Richtlinie 97/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1997 über bestimmte Bauteile und Merkmale von zweirädrigen oder dreirädrigen Kraftfahrzeugen (ABl. L 226 vom 18.8.1997, S. 1, L 65 vom 5.3.1998, S. 35, L 244 vom 3.9.1998, S. 20, L 67 vom 11.3.2008, S. 22), die zuletzt durch die Richtlinie 2009/108/EG der Kommission vom 17. August 2009 (ABl. L 213 vom 18.8.2009, S. 10) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung fallen, nach dem Hubraum und den Schadstoffemissionen

Kraftfahrzeugsteuergesetz / § 8 Bemessungsgrundlage

Und hier ist jetzt der Trick: Es sollte eigentlich so sein, wird aber nicht so gemacht! Da der Staat leider kein Herz für kleine, knatternde Apes hat, unterschlägt er ganz einfach und schnell unseren ungeregelten Katalysator in der Ape, Ihre elektronische Einspritzung und damit Ihre „ uro-4“-Einstufung. Noch mehr: Er unterschlägt sogar noch mehr den geringen Kraftstoffverbrauch und damit die geringe CO-Belastung. Denn egal, welches Dreirad man fährt: Man bezahlt einfach immer den Maximalbetrag von 21 €/100 ccm! Ja, genau: Die qualmende und stinkende Ape MP mit dem Zweitakter ist hier gleichgestellt und bezahlt das Gleiche! Und das nur, weil unsere Staatslenker nach dem Abschnitt 1a Mittagspause hatten und daher vergessen haben, sich zu überlegen, wie sie den festgelegten Einfluss der Schadstoffemissionen denn nun handhaben wollten.

Schade und ein wenig ärgerlich, finde ich. Denn das ist doch das falsche Zeichen in dieser Zeit, kleine, leichte und emissionsarme Fahrzeuge zu benachteiligen. Der schwache Trost bleibt, dass es mit 42 € absolut gesehen ein geringer Schaden bleibt. Dazu das Glücksgefühl, dass man ja noch gut davongekommen sei, wo es andere Menschen doch viel schlimmer trifft. So wie den Fahrer eines Trikes, der nach der Steuerreform nun für ein und dasselbe Trike in der Euro 2 nicht mehr 117 €, sondern mit 337 € gleich fast das Dreifache an Steuern bezahlt!

Der Blick auf die Versicherung stimmt mich fröhlicher: Natürlich bin ich nach einem Jahr unfallfreien Fahrens auf drei Rädern in meiner Schadenfreiheitsklasse von 100 % auf 85 % gesunken. Damit fällt der Beitrag für die Versicherung in diesem Jahr mit 28,88 € unter die 30er-Marke, die ich letztes Jahr noch überschritten habe!

Und wieder tröstet das Leid der Anderen: Bei meiner Versicherung habe ich aus Spaß einmal nach dem Preis für ein Versicherungskennzeichen geschaut. Dort heißt es:

Leichte Quads und Trikes (z. B. Ape) mit einem Hubraum von maximal 50 ccm und einer Höchstgeschwindigkeit von maximal 45 km/h – schon ab 34 €* pro Jahr.

https://www.huk.de/fahrzeuge/kfz-versicherung/mopedversicherung.html

Da steht es nun schwarz auf weiß: Unsere Ape Calessino 200 hat zwar die dreifache „Kraft“ der Ape 50 und fährt immerhin schnell genug, dass man rein rechtlich damit auf die Autobahn darf – aber sie ist immer noch billiger zu versichern als die kleine Ape 50!

Alles in allem reden wir hier nicht von viel Geld: Die Fixkosten für unser Calessino liegen derzeit bei < 6 € pro Monat. Das ist uns den Spaß allemal wert!